Rechtsfragen bei digitaler Lehre

Zitatrecht § 51 UrhG

Die Zitierfreiheit, die letztlich im Zitatrecht drin steckt, ist eine Beschränkung des Urheberrechts zugunsten der Allgemeinheit. Die große Frage lautet: Wie weit reicht diese Freiheit? Welche Voraussetzungen hat das Zitatrecht?

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Grenzen der Zitierfreiheit

Die Grundregel lautet: Ein Zitat ist immer dann gestattet,

  • wenn es einem konkreten Zitatzweck dient,
  • dieser Zweck auch den Umfang des Zitats rechtfertigt,
  • das fremde Werk bzw. der fremde Werkteil nicht verändert
  • und die Quelle korrekt angegeben wird.

Zitatzweck

Der Zitatzweck erfordert, dass ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen dem zitierenden eigenen Werk und dem zitierten fremden Werk besteht. Dieser Zusammenhang ist immer dann gegeben, wenn das Zitat die eigenen Ausführungen unterstreicht, erläutert oder sich die eigenen Ausführungen mit dem zitierten Werk auseinandersetzt.

Man stellt sich daher also am besten immer die folgende Frage: Dient das Zitat der Erläuterung des Inhalts meines eigenen Werkes?

Die Gliederung von Vorlesungsmaterial in Termine, Schwerpunkte, Grundlagen, Vertiefungen, etc. sind als Konzeption einer Lehrveranstaltung ein eigenes Werk. Fremde Materialien dürfen genutzt werden, um die eigene Konzeption zu illustrieren. Die selbstgeschaffene Struktur und die didaktische Zielrichtung vom Lehrmaterial müssen so deutlich sein, dass die Struktur und die didaktische Zielrichtung bestimmen, welches Drittmaterial in welchem Umfang eingesetzt wird. Der Zitatzweck ist nicht erfüllt, wenn die eigene Struktur nur eine Folge der genutzten Drittmaterialien ist.

Ein Zitatmissbrauch liegt dann vor, wenn das Zitat das eigene Werk zwar ausschmückt oder illustriert, für das Verständnis und die Erklärung des eigenen Werkes allerdings überflüssig ist. Aber auch, wenn ein Zitat lediglich zur Ersparung eigener Ausführungen herangezogen wird, liegt kein privilegierender Zitatzweck vor.

Zitatumfang

Das eigene Werk muss in einem angemessenen Verhältnis zum zitierten Werk stehen. Es gibt keine konkreten Richtwerte, wann die Grenzen der Angemessenheit überschritten sind. Die Grenzen ergeben sich in jedem Einzelfall aus dem jeweiligen didaktischen Zusammenhang.

In jedem Fall sind die Grenzen des Zitatumfangs überschritten, wenn das eigene Werk nicht mehr im Vordergrund steht. Dies wäre z. B. der Fall, wenn das eigene Werk ausschließlich aus Zitaten oder mit anderen Worten: ausschließlich aus einer Zusammenstellung fremder Inhalte bestünde.

Keine Inhaltsveränderungen

Das zitierte Werk darf mit eigenen Worten wiedergegeben werden, aber nicht inhaltlich verändert werden.

Bilder, Grafiken, Zeichnungen, Fotos können ganz oder in Ausschnitten wiedergegeben werden.

Der zulässige Umfang der Wiedergabe ergibt sich aus dem jeweiligen didaktischen Zusammenhang.

Korrekte Quellenangabe

Ein Zitat muss die Quelle in korrekter Form wiedergeben. Konkret bedeutet dies, dass jedes Zitat im Einzelnen mit der Fundstelle und dem Namen des Autors versehen werden muss.

Selbstverständlich gibt es je nach Fachrichtung unterschiedliche Zitierweisen, daher an dieser Stelle lediglich ein Beispiel:
Mustermann, Martin (Hrsg.): Der Eiweißverbrauch des Maikäfers im Rückwärtsflug, 1. Auflage, Frankfurt am Main 2011, Käfer-Verlag

Die Zitationsregeln der eigenen Community müssen eingehalten werden. Bei interdisziplinären Arbeiten genügt es, die Regeln der eigenen Community einzuhalten, dann können die Regeln der anderen Community verletzt werden.

Die Zitation von Internetquellen wird in den Communities wegen der hohen Änderungsfrequenz unterschiedlich bewertet. Wenn Internetquellen zulässig sind, sollte der Zeitpunkt des Abrufs mit angegeben werden. Die übrigen Bestandteile einer Internetzitation ergeben sich aus dem Community-Regeln.

Erhöhter Anspruch bei Bildzitaten

Da bei der Verwendung von Bildern der Verdacht nahe liegt, dass sie lediglich zur Ausschmückung oder Illustration verwendet werden, gilt hier im Besonderen die zentrale Frage:

Dient das Bild-Zitat der Erläuterung des Inhalts meines eigenen Werkes? Ist es dafür notwendig oder hat es doch nur eine illustrierende Funktion?

Da es bei dieser Frage eine umfangreiche Grauzone gibt, in der niemand genau vorhersagen kann, wie ein Konflikt mit den Rechteinhaber*innen entschieden werden würde , ist es ratsam, bevorzugt auf Bilder zurückzugreifen, für die man eine Nutzungserlaubnis bzw. Lizenz (siehe Wie kann ich Nutzungsrechte erwerben? ) hat.

Inzwischen gibt es eine Vielzahl von Fotoportalen und Bildersuchmöglichkeiten im Internet , um Bilder zu finden, die unter einer Creative Commons (CC) Lizenz veröffentlicht wurden. Creative Commons (CC) Lizenzen ermöglichen grundsätzlich eine Weiterverwendung – unter bestimmten Bedingungen.

Sind auf dem Foto Personen abgebildet, die nicht lediglich ein Beiwerk darstellen (z.B. zufällig abgebildete Personen vor einer Sehenswürdigkeit), so ist deren Erlaubnis zur Veröffentlichung ihrer Abbildung nach den Grundsätzen des Recht am eigenen Bild (§ 22 Kunsturhebergesetz) einzuholen.

Idealerweise hat der/die Fotograf*in sich darum gekümmert bevor er/sie das Bild veröffentlicht hat. Jedoch bleibt dies ein Unsicherheitsfaktor, wenn der/die Fotograf*in dazu keine Angaben gemacht hat. – Sei es bei der Nutzung als Bildzitat als auch bei der Nutzung auf Basis einer Nutzungserlaubnis bzw. Lizenz (siehe Wie kann ich Nutzungsrechte erwerben? ).

Herausforderungen bei Filmzitaten

Im Internet wird eine unüberschaubare Menge von Videos zum Streamen oder zum Download angeboten. Youtube ist eine fast unerschöpfliche Quelle. Diese Quelle hat aber einige Untiefen, die man gut umfahren muss. Ein großer Teil der Videos auf Youtube wurde von Personen hochgeladen, die keine Rechteinhaber*innen sind. Der Upload war illegal. Die vergebenen Youtube-Lizenzen sind in vielen Fällen wirkungslose Leer-Lizenzen. Wer keine Rechte hat, kann sie nicht an andere weitergeben. Für die Nutzer*innen ist es oft nur sehr schwer festzustellen, ob ein Video hochgeladen werden durfte oder nicht.

Einen Ausweg aus diesem Dilemma bieten Links. Mit einem Link erzeugt man keine Kopie, sondern weist lediglich auf eine andere Stelle hin, an der das Video veröffentlicht wurde. Auch wenn es unklar ist, ob ein Video hochgeladen werden durfte, darf man einen Link setzen. Das Setzen des Links muss aber offen geschehen. Beim Framing (auch unter „Einbetten“ mit Hilfe eines „Embed-Code“ bekannt) wird der Eindruck erweckt, eigenes Material zu zeigen und der juristische Spielraum fällt weg. Nur das offene Setzen von Links gibt mehr Möglichkeiten.

Beim Setzen von Links muss aber eine Grenze beachtet werden: Wenn ein Link auf eine offensichtlich rechtswidrige Quelle zeigen würde, darf er nicht gesetzt werden (z.B. alle Harry Potter Filme gratis). Offensichtlich rechtswidrig sind Quellen, bei denen alle wissen: „Das geht nicht“.

Bei Filmen gelten dieselben Anforderungen an den Zitatzweck wie bei allen anderen Dritt-Quellen: Die selbstgeschaffene Struktur von Lehrmaterial muss den Umfang der Nutzung bestimmen. Bei Filmen ist die „Versuchung“ größer, es nicht so genau zu nehmen.

Vom Zitatzweck ist nur derjenige -umfang gedeckt, der sich aus dem jeweiligen didaktischen Zusammenhang ergibt. Dieser Umfang ist in jedem Einzelfall anders. Bei didaktisch ambitioniertem Lehrmaterial ist es sehr schwer, eine Grenze zwischen didaktisch notwendiger Nutzung und nicht notwendigem „Ausschmücken“ zu finden. Diese Grenze zu finden, ist eine fachliche Frage, die in jedem einzelnen Fall neu gestellt werden muss. Die größte Herausforderung dabei ist, nicht zu eigenen Gunsten zu großzügig zu sein.

Weil es keine fest umschriebene Grenze dafür gibt, was erforderlich ist, kann es rechtmäßig sein große Teile eines Filmes zu zitieren. Aber: Je länger der genutzte Ausschnitt ist, umso besser muss man in einem Konfliktfall begründen können, warum ein kürzerer Ausschnitt das didaktische Ziel verfehlt. Das Argument: „So ist es doch viel schöner!“ reicht als Begründung nicht aus.

Meist ist ein Filmwerk eine Gemeinschaftsproduktion, an der mehrere Personen mitwirken, beginnend bei Drehbuchautor*innen über die Schauspieler*innen bis hin zu Cuttern. Dies gestaltet die Benennung von Urheber*innen sehr schwierig. In der Regel liegen die Leistungsschutzrechte aber immer bei dem/der Filmhersteller*in bzw. Produzent*in, so dass man sich an diese wenden kann.

Eine Hürde für die Nutzung von Kinofilmen ist: Wenn diese jünger als zwei Jahre sind, dürfen sie gar nicht, auch nicht in kleinen Ausschnitten, ohne Erlaubnis der Rechteinhaber*innen genutzt werden. Die Nutzung solcher Filme ist nur möglich, wenn sie durch eine Lizenz gedeckt ist. Hochschulen können Lizenzen über die Landesbildstellen erhalten.